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In den Solarmarkt drängen viele Installationsunternehmen für Solaranlagen, die auf schnelles Wachstum aus sind – teils auf Kosten der Qualität. Deshalb wollen einige Branchenveteranen nun ein neues Qualitätssiegel für Anbieter etablieren
An Verbänden in der Energiebranche besteht kein Mangel, auch die Solarindustrie hat seit vielen Jahren einen bekannten Branchenverband, den BSW. Doch wie weit die Interessen der Firmen im Solarbereich in zentralen Fragen auseinandergehen können, wurde in diesem Frühjahr deutlich, als die Ampel wochenlang über neue Subventionen für Solaranlagen aus europäischer Produktion diskutierte. Damals zeigte sich: Zwischen Modulherstellern, Vertriebsfirmen und anderen Dienstleistern entlang der PV-Wertschöpfungskette liegen bei manchen Themen große Differenzen – ebenso zwischen alteingesessenen Firmen und Start-ups, die den Markt aufrollen wollen.
Als Konsequenz aus den teils unterschiedlichen Interessen haben einige Unternehmen aus der Solarbranche jetzt einen neuen Verband gegründet. Hinter dem Bundesverband des Solarhandwerks (BDSH), der nun seine Arbeit aufnimmt, stecken als Gründungsmitglieder sieben mittelständische Firmen, die seit langem im Solargeschäft sind und ihr Geld vor allem mit der Installation von PV-Anlagen verdienen – von der Dachanlage für Privathaushalte bis zum Freiflächen-Solarpark. Treibende Kraft hinter der Verbandsgründung für die Solarteurswirtschaft war die Regensburger Fachbetriebskette Enerix.
Auch 20 Jahre nach der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) habe es die Branche nicht geschafft, eine „Qualitätsgemeinschaft aufzubauen“, sagte Enerix-Chef Peter Knuth im Gespräch mit Capital. Es gebe bei der Installation von Solaranlagen manche Firmen, die „mit gefährlichem Halbwissen“ arbeiteten oder nicht ausreichend qualifizierte Mitarbeiter einsetzten und damit Schäden bei den Kunden verursachten. „Das ist für die seriösen Unternehmen am Markt nicht förderlich“, sagte Knuth, der auch Vorsitzender des neuen Verbands ist.
Nachfrage nach Solaranlagen ist zurückgegangen
Auf der Website des neuen Verbands heißt es dazu, in der jüngeren Zeit seien „viele Unternehmen mit mangelnder Fachkompetenz und mit Aussicht auf einen vermeintlich kurzfristigen Profit in den Markt eingetreten“. Dies führe auch zu einer „Verunsicherung und Zurückhaltung von potenziellen Nutzerinnen und Nutzern“. Im Hinterkopf haben die Initiatoren des Verbands unter anderem auch Solar-Start-ups, die einen aggressiven Wachstumskurs verfolgen. Über die Wachstumsprobleme bei einem dieser jungen Herausforderer – die von Investoren mit einer Milliardensumme bewertete Berliner Firma Enpal – hatte Capital im vergangenen Herbst berichtet.
Nach dem Energiepreisschock infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine war bei privaten Hausbesitzern die Nachfrage nach PV-Anlagen 2022 in die Höhe geschossen. Zuletzt sind die Aufträge für solche kleineren Dachanlagen jedoch deutlich zurückgegangen. Umso härter ist der Wettbewerb um Kunden und Umsätze.
Den Initiatoren des neuen Verbands gehe es nicht darum, den bestehenden Solarverband BSW herauszufordern, sondern um eine Stärkung des Fachhandwerks, sagte Knuth. Den bislang fehlenden Branchenstandards will der BDSH etwas entgegensetzen: eine spezielle Zertifizierung für Installationsbetriebe, an der sich die Kunden, aber etwa auch Versicherer orientieren sollen. Dafür sollen Mitgliedsunternehmen des BDSH, die sich von einer unabhängigen Prüfstelle wie etwa dem TÜV zertifizieren lassen, künftig ein Siegel erhalten können. In einem ersten Schritt startet der Verband mit einer Selbstverpflichtung. Mit einer solchen „Positivliste“ für Installateure besetze der BDSH eine Nische, sagte Verbandsgeschäftsführer Torben Brodersen.
Bildquelle: solarserver.de